Der Einstieg in die Welt der Roboter gelingt am einfachsten mit DIY-Baukästen für Greifarme. Wir zeigen, wie sich die angebotenen Roboterarme unterscheiden und was sie in der Praxis können.
Roboter faszinieren mit mechanischer Komplexität und höchster Präzision. Allen voran fallen einem hier die beeindruckenden Videos von laufenden und springenden Robotern von Bosten Dynamics ein. Schon die „normalen“ Roboterarme aus Industrie und Wissenschaft wissen zu begeistern. Die mehrachsigen Arme sind aus Forschung, Wissenschaft und Massenfertigung nicht mehr wegzudenken. Die schnellen und exakten Bewegungsabläufe stehen dabei für ein perfektes Zusammenspiel aus Mechanik und Steuerung. Zwar kann man sich zusammenreimen, dass dies alles nicht ganz trivial ist. Wie hochkomplex die Materie aber wirklich ist, ahnt man als Laie kaum.
Um den Einstieg in das Thema zu erleichtern, bieten sich hier diverse DIY-Roboterarme in Baukastenform an. Diese gibt es in zig verschiedenen Ausführungen für Preise zwischen zwanzig und über tausend Euro. Doch was bieten die günstigen DIY-Sets von Amazon, Ebay & Co? Wir haben uns verschiedene Systeme angesehen und erklären, worauf man beim Kauf achten sollte.
Wer sich auf die Suche nach Roboterarmen zum selber Bauen macht, findet neben komplexen Nerd-Anleitungen auch eine ganze Reihe an fertigen Lösungen und Baukästen. Diese verfolgen zwei völlig unterschiedliche Ansätze, auch wenn am Ende jeweils ein Roboterarm dabei herauskommt.
Bei den Hydraulischen-Roboterarmen handelt es sich um per Bedienhebel gesteuerte Greifarme, welche mit Druck und Gegendruck arbeiten. Statt Öl und Hydraulikpumpe kommen in den einfachen Modellen aber Wasser und Muskelkraft zum Einsatz.
Elektronik und programmierbare Abläufe bieten solche Modelle nicht. Ziel der Bausätze ist die Erklärung der hydraulischen Funktion anhand eines praktischen und sehr anschaulichen Beispiels. Solche Bausätze sind in erster Linie für Kinder und Jugendliche interessant. Aber auch als Erwachsene konnten wir noch etwas lernen und hatten Spaß beim Aufbau.
Mechanisch gesehen weniger komplex, dafür aber in Bezug auf die Steuerung deutlich spannender, sind Roboterarme mit Elektromotoren. Hier geht es weniger darum, die Art der Kraftübertragung zu hinterfragen, sondern darum, die Arme selbst zu steuern oder zu programmieren.
Obwohl Hersteller wie Kosmos oder Playtastic zwar auf Elektromotor und Joystick setzen, ist einige Programmierungen von Bewegungsabläufen damit nicht oder nur sehr begrenzt möglich. Nach dem Zusammenbau können die Geräte nur händisch gesteuert werden – wie das hydraulische Pendant. Wer komplexe Abläufe programmieren will, benötigt einen Roboterarm auf Basis von Raspberry oder Arduino.
Diese vollführen dann vorprogrammierte Bewegungsabläufe – von den beeindruckenden Robotern von Bosten Dynamics ist man aber auch damit noch Lichtjahre entfernt. Aber sie bieten immerhin einen Einstieg.
Für den Ratgeber haben wir uns einen hydraulischen Arm und einen programmierbaren Roboterarm auf Arduino-Basis angeschafft und aufgebaut.
Der mit 33 Euro günstigere Bausatz ist der Hydraulikarm von Buki France. Diesen gibt es in identischer oder zumindest fast identischer Form auch von unzähligen anderen Herstellern. Während der Markenhersteller Kosmos für seinen Hydraulikarm zwischen 49 und 60 Euro aufruft, gibt es den Arm unter der Firmenbezeichnung Wuling schon ab 29 Euro. Wer das baugleiche Modell von FXQIN bei Amazon kauft, zahlt mit 120 Euro auf jeden Fall zu viel. Die Produktfotos verraten schon, dass es sich hier letztlich immer um den gleichen Arm handelt – mit unterschiedlicher Preisgestaltung und minimalen Detailänderungen.
Beim elektronischen Arm haben wir uns für ein 5-Achs-Modell vom Hersteller Adeept entschieden. Dieses ist in verschiedenen Farben ab 70 Euro bei Amazon erhältlich und bietet neben der Steuerung direkt am Gerät auch die Möglichkeiten Bewegungsabläufe zu programmieren. Günstigere Roboterarme verfügen in der Regel nur über vier per Servomotor angetriebene Achsen und können teilweise nicht direkt am Gerät gesteuert werden. Arme mit sechster Bewegungsachse gibt es ab etwa 98 Euro. Noch einen Schritt weiter gehen diverse DIY-Fahrzeuge mit Videoübertragung und aufgesetztem Roboterarm. Diese sind ab 106 Euro ebenfalls von Adeept erhältlich.
Neben den sehr einfachen Modellen mit kleinen Servomotoren und einer Konstruktion aus Acryl oder Holz gibt es etwa auf Amazon noch zahlreiche höherwertige Roboterarme. Diese funktionieren zwar theoretisch gleich, verwenden aber stärkere Servos oder gar Schrittmotoren und setzen auf Metall statt Kunststoff. Da wäre etwa der sechsachsige Lewansoul Learm 6DOF für 175 Euro. Dieser besteht aus Metall und wirkt schon ein ganzes Stück massiver. Zudem ist hier eine Steuerung per Controller oder per Smartphone möglich.
Bei den Preisen sollte man genau hinsehen. Das gleiche Modell ohne Controller gibt es auch für über 330 Euro! Mit über 730 Euro noch teurer ist der sechsachsige Roboterarm mit bionischer Hand. Hier kommen allerdings Metall, starke Servos und ein Schrittmotor zum Einsatz. Das Design mit fünf Fingern statt Greifmodul bietet zudem neue Anwendungsmöglichkeiten. Spannend sieht auch der auf Ebay erhältlichen Mycobot ab etwa 700 Euro aus. Dieser hebt bis zu 250 Gramm. Ebenfalls richtig spannend wirkt der Rotrics Dexarm ab etwa 1000 Euro. Neben Greifarm und Stifthalter sind hier auch ein 3D-Druckkopf und ein Laser-Gravur-Modul erhältlich.
Wer schon das als teuer empfindet, sollte besser nicht fragen, was denn ein professionelles Modell kostet. Hier geht es schnell um deutlich höhere Summen, wie für den sechsachsigen, massiven Roboterarmbausatz für 4880 Euro. Hier sind dann Lasten mit bis zu 2 kg Gewicht möglich.
Da die Altersempfehlungen bei 8 Jahren für den Hydraulikarm und bei 12 Jahren für den elektrischen Arm liegen, sollte der Zusammenbau kinderleicht von der Hand gehen. In der Praxis ist das Zusammenschrauben und -stecken der Einzelteile zwar tatsächlich unproblematisch, kostet aber doch deutlich mehr Zeit als im Vorfeld vermutet.
Statt nach einem beschaulichen Bastelnachmittag mit dem Programmieren zu beginnen, dauert bei uns schon die Montage des Hydraulikarms mehr als fünf Stunden. Zugegebenermaßen durfte bei uns der zwölfjährige Nachwuchs mithelfen, allerdings hätte auch Papa einige Stunden benötigt. Kinder sollten das „Spielzeug“ generell nur unter Aufsicht zusammenbauen. Zum einen, um Fehler und Frust zu vermeiden, zum anderen, da man die über hundert Kunststoffteile mit einer scharfen Zange voneinander trennen muss.
Was uns beim Set von Burki France hervorragend gefällt, ist die klare und verständliche Anleitung. Diese ist trotz mehrerer Sprachen in den Schaubildern sehr übersichtlich und so gibt es beim Zusammenbau keine Probleme. Statt als Millimeterangaben werden die Bauteile in der Anleitung in Originalgröße gezeigt – die Frage, welche Feder die richtige ist, ist somit schnell beantwortet. Wer die Kunststoffteile ordentlich aus dem Rahmen trennt, kann sich auch das nachträgliche Abfeilen von unschönen Kanten sparen. Ansonsten ist keinerlei Nacharbeit nötig. Alle Teile passen perfekt und halten auch ohne Kleber zuverlässig zusammen.
Nach dem Zusammenbau des Grundgerüstes folgt die Montage der Hydraulik. Diese besteht beim Roboterarm aus mehreren wassergefüllten und eingefetteten Zylindern und Schläuchen. In welcher Reihenfolge die Teile zusammengesteckt und wie sie mit Wasser befüllt werden, ist sehr genau in der Anleitung beschrieben. In der Praxis muss man die Arbeitsschritte exakt befolgen, um am Ende möglichst keine Lufteinschlüsse in Zylinder oder Schlauch zu haben. Schon kleine Luftblasen im System führen dazu, dass die jeweilige Achse nicht mehr zuverlässig und exakt läuft. Wer hier schlampt, muss den jeweiligen Hydraulikstrang noch einmal ausbauen und neu befüllen.
Ist dann aber alles korrekt zusammengebaut, macht der Roboterarm genau das, was man erwartet. Jede noch so kleine Bewegung an einem der Steuerhebel führt zu einer Aktion des futuristisch anmutenden Roboterarms. Auch wenn die Bewegung um die eigene Achse per Zahnrad statt per Hydraulik funktioniert – die Bewegungsabläufe sind flüssig und lassen sich exakt steuern. Zumindest mit ausreichend Übung. Was anfänglich noch behäbig und unbeholfen wirkt, sieht nach einigen Minuten Training schon deutlich besser aus. Spaß macht das Steuern auf jeden Fall, auch wenn wir uns einen noch größeren Arbeitsbereich gewünscht hätten.
Nach den ersten Erfahrungen mit dem Hydraulikarm ab acht Jahren verzichten wir beim elektronischen Modell auf die Hilfe des Sohnes – in der Hoffnung, dann deutlich schneller damit fertig zu sein. Aber auch am fünfachsigen Arm von Adeept sitzen wir etwa drei Stunden. Und das liegt neben den teils sehr fummeligen Arbeitsschritten vor allem an der nervigen Schutzfolie auf den Acrylbauteilen. Diese herunterzubekommen ist selbst mit vernünftigen Fingernägeln eine echte Fleißarbeit und dauert ewig! Auch das Handling der ungewohnt kleinen Schrauben und Muttern (M1,4-Gewinde!) verlangt dem Bastler einiges an Geduld ab. Grobmotoriker sollten besser etwas Fertiges kaufen.
Trotzdem geht ein dickes Lob an den Hersteller Adeept – selten, oder besser, noch nie –haben wir eine derart detaillierte und genaue Anleitung gesehen! Jeder noch so kleine Arbeitsschritt des Zusammenbaus ist exakt dokumentiert. Und das nicht nur anhand einer detailreichen Zeichnung aus zwei Perspektiven, sondern zusätzlich mit zwei Fotos der tatsächlichen Bauteile. Neben der Dokumentation ist auch die Verarbeitung der Komponenten und deren Beschriftung vorbildlich. Abgesehen davon, dass jedes Bauteil in einem exakt beschrifteten Tütchen verpackt ist, legt der Hersteller von fast allen Komponenten Ersatzteile bei. Der Zusammenbau dauert so zwar länger als erhofft, am Ende steht der kleine Roboterarm dann aber vor uns.
Für den Betrieb benötigt der Arm entweder zwei 18650-Akkus oder Strom per USB. Nach dem Anstecken des USB-Kabels vollführt unser Roboterarm sofort einige schnelle Bewegungen und verharrt dann auf der Nullposition der Achsen. Jetzt ist es entweder möglich, vordefinierte Bewegungsabläufe vom PC ablaufen zu lassen, oder den Arm anhand der fünf Potis zu steuern.
Wir testen zuerst die Steuerung per Drehregler. Nachdem wir herausgefunden haben, welcher Poti welche Achse steuert, versuchen wir uns mit ersten gezielten Manövern. Das funktioniert zwar, ist im Vergleich zur Hebelbedienung aber weniger intuitiv. Und noch etwas fällt beim ersten Testdurchlauf auf. Einige Servomotoren reagieren nur sehr zaghaft und die Bewegungen stocken. Grund hierfür sind zu fest gezogene Schrauben an den Gelenken. Nach dem Lockern arbeiten die Motoren dann fast wie erwartet.
Lediglich Drehungen um die eigene Achse bleiben weiterhin sehr hakelig, zumindest bei ausgestrecktem Roboterarm. Hier kommt die filigrane Konstruktion an ihre Grenzen. Das hat gleich mehrere Gründe. Zum einen fehlt ein Gegengewicht zum ausgestreckten Arm, zum anderen ist das verwendete Acryl zu wenig verwindungssteif. Im Ergebnis wird das entsprechende Kugellager nur einseitig belastet. Das führt zu einem Schleifen und somit einem größeren Kraftaufwand. Für die kleinen Servomotoren ist das dann schon zu viel. Hier macht sich der niedrige Preis bemerkbar. Massivere Roboterarme wie das ganz aus Metall bestehende Modell Lewansoul Learm 6DOF kosten 175 Euro oder mehr.
Im Anschluss versuchen wir, dem Roboter Bewegungsabläufe beizubringen – mit eher überschaubarem Erfolg. Zwar können wir anhand der Anleitung die benötigten Treiber und Softwarepakete auf unserem Rechner installieren, das ganze mit unserem Raspberry Pi verbinden. Die Programmierung des Arms ist ohne Vorkenntnisse allerdings alles andere als einfach. Nach einigem Herumprobieren bekommen wir es zwar war hin, dass sich der Arm bewegt. Präzise oder gar geplant wirken die Abläufe zugegebenermaßen noch nicht. Nach über einer Stunde beginnen wir, erste Zusammenhänge zu verstehen. Ob wir mit dem mitgelieferten Stifthalter wohl je etwas Vernünftiges auf Papier zaubern können, erscheint uns derzeit allerdings mehr als fraglich. Um hier vorzeigbare Ergebnisse zu erzielen, sind viel Zeit und Übung nötig, besser noch Vorkenntnisse im Umgang mit Arduino oder Raspberry.
Für die hydraulische Spielzeug-Variante sind etwa 30 bis 40 Euro fällig. Mehr sollte man allerdings auch nicht ausgeben. Unser Fazit: ein fairer Preis für ein cooles Spielzeug mit stundenlangem Bastelvergnügen!
Die elektrische Version des Roboterarms gibt es im günstigsten Fall ab etwa 20 Euro – dann allerdings kommt Bastelholz statt Acryl zum Einsatz. Das ist noch weicher und die Konstruktion somit noch fragiler. Wir würden mindestens 50 bis 60 Euro einplanen, dann bekommt man eine tolle Plattform für erste Programmierversuche. Wer plant, mehr als nur einige Tests mit dem Arm zu machen, sollte allerdings gleich deutlich tiefer in die Tasche greifen und ein Modell ganz aus Metall kaufen.
Schon günstige Roboterarme machen Spaß, auch wenn die praktischen Einsatzmöglichkeiten begrenzt sind. Geht es in erster Linie um die Idee, einen Roboterarm zu steuern, empfehlen wir die günstige Hydraulik-Variante ab etwa 30 Euro. Die sieht cooler aus und die Bewegungsabläufe gelingen deutlich flüssiger. Hier sollte man unbedingt auf den Preis achten. Die vielen verschiedenen Angebote unterscheiden sich nur in Farbe und Preis.
Bei den elektrischen Roboterarmen muss man zwischen Spielzeug wie dem Modell von etwa Kosmos und programmierbaren Roboterarmen unterscheiden. Während wir gegenüber dem Spielzeug die Hydraulik-Variante vorziehen würden, sind mit Modellen auf Basis von Raspberry oder Arduino deutlich smarter und bieten sich immer dann an, wenn die Programmierung im Vordergrund steht. Ohne Vorkenntnisse sollte man sich allerdings keine Illusionen machen: Wer hier flüssige und exakte Abläufe programmieren will, benötigt Ahnung und Übung!
Größter Nachteil der günstigen elektronischen Roboterarme ist deren filigrane Bauweise. Wer mit seinem Roboterarm tatsächlich etwas bewegen, drucken, heben oder schneiden will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Um die Theorie zu lernen und erste Erfahrungen zu sammeln, sind die Budget-Roboterarme aber bestens geeignet.
Wem es primär um einen interessanten Zeitvertreib geht, der sollte einen Blick auf unseren Ratgeber Schrauben, Löten, Basteln: DIY-Elektronik, Bausätze und Experimentierkästen werfen. Praktisches Werkzeug und Zubehör für DIY-Projekte zeigt unser Ratgeber Messen, Löten, Kleben: Die wichtigsten Tools für die Nerd-Werkstatt. Wer einen mobilen Lötkolben sucht, sollte einen Blick in unseren Vergleichstest werfen. 3D-Drucker, sowohl zum selbst Zusammenbauen als auch fertig montiert, testen wir in unserer Themenwelt 3D-Drucker.
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